JAWS und Fusion 2025: Wie KI die Barrierefreiheit revolutioniert

Plamen Angelov
1. Dez.
3 Min. Lesezeit

Künstliche Intelligenz generiert längst nicht mehr nur Texte oder Bilder, sie macht das Internet endlich wirklich zugänglich. Wer auf assistive Technologien angewiesen ist, erlebt derzeit einen Quantensprung: Die neuen Versionen von JAWS und Fusion 2025 (sowie der Ausblick auf 2026) verwandeln den klassischen Screenreader in einen intelligenten Assistenten.

Dieser Beitrag beleuchtet, wie Freedom Scientific mittels KI die Barrierefreiheit neu definiert und welche konkreten Funktionen den digitalen Alltag für Menschen mit Sehbehinderung ab sofort erleichtern.

Ein Laptop auf einem Holztisch zeigt auf dem Bildschirm ein leuchtendes, stilisiertes blaues Gehirn mit Netzwerkverbindungen sowie ein Dokumentensymbol mit einer Lupe. Vor dem Laptop liegt eine graue, aktualisierbare Braillezeile. Im unscharfen Hintergrund ist ein gemütlich beleuchtetes Zimmer mit einer Stehlampe und Pflanzen zu sehen. Die Szene symbolisiert die Verbindung von Künstlicher Intelligenz und assistiven Technologien zur Verbesserung der Barrierefreiheit. — Dieses Bild symbolisiert das Zusammenspiel von moderner KI-Technologie, dargestellt durch das leuchtende Gehirn-Symbol auf dem Laptop, und assistiven Hilfsmitteln wie der Braillezeile im Vordergrund, um den Zugang zu Informationen für Menschen mit Sehbehinderung zu revolutionieren.

Die Grundlagen: Was leisten JAWS, ZoomText und Fusion?

Für Einsteiger kurz erklärt, das sind die Werkzeuge, die Blinden und Sehbehinderten die PC-Nutzung ermöglichen:

JAWS (Job Access With Speech): Der weltweit verbreitete Screenreader liest Bildschirminhalte (Webseiten, Mails, Menüs) vor und ermöglicht eine komplette Steuerung per Tastatur.

ZoomText: Eine leistungsstarke Vergrößerungssoftware, die Farben anpasst und visuelle Elemente für Menschen mit Restsehvermögen hervorhebt.

Fusion: Die "All-in-One"-Lösung, die JAWS und ZoomText kombiniert, ideal für Nutzer mit fortschreitender Sehbehinderung.

JAWS 2025: Der Einzug der KI-Assistenten

Mit der Version 2025 wurde die Ära der "AI-Powered Accessibility" eingeläutet. Hier sind die wichtigsten Features, die die Bedienung beschleunigen.

1. FSCompanion - Der ChatGPT für Screenreader

Was ist das? FSCompanion ist ein integrierter KI-Assistent, der auf natürliche Sprache reagiert. Statt Handbücher zu wälzen, fragt man den Assistenten einfach direkt nach Funktionen.

Praxis-Beispiel: Sie möchten die Sprechgeschwindigkeit ändern, kennen aber das Tastenkürzel nicht?

Frage an FSCompanion: "Wie mache ich JAWS schneller?"
Antwort: Der Assistent erklärt den Befehl und nennt sofort die Tastenkombination.

So nutzen Sie es:

Drücken Sie Einfügen + Leertaste, gefolgt von F1.
Tippen Sie Ihre Frage ein und bestätigen Sie mit Enter.

2. Picture Smart AI & AI Labeler - Bilder werden sprechend

Was ist das? Oft sind Buttons auf Webseiten oder in Apps schlecht programmiert und haben keine Beschriftung. Der AI Labeler analysiert das visuelle Symbol (z.B. ein Zahnrad oder einen Mülleimer) und weist ihm automatisch eine korrekte Bezeichnung zu ("Einstellungen", "Löschen").

So nutzen Sie es:

Navigieren Sie auf das unbeschriftete Element.
Drücken Sie Einfügen + G.
JAWS schlägt per Bilderkennung eine Beschriftung vor, die Sie übernehmen können.

3. Automatische Spracherkennung

JAWS erkennt nun dank KI-Vorhersagen automatisch die Sprache eines Textes und wechselt die Stimme (z.B. von Deutsch auf Englisch für ein Zitat), was den Lesefluss enorm verbessert.

Aktivierung: Im Einstellungscenter (Einfügen + 6) nach "Sprache" suchen und "Basierend auf KI-Vorhersagen" wählen.

JAWS 2026: Intelligente Web-Analyse (Preview)

Die Version 2026, die nun in den Startlöchern steht, vertieft den KI-Ansatz weiter. Das Highlight ist die Zeitersparnis beim Surfen.

Page Explorer - Webseiten in Sekunden verstehen

Was ist das? Der Page Explorer erstellt eine KI-Zusammenfassung einer Webseite. Er filtert das "Rauschen" heraus und sagt Ihnen sofort, worum es geht und wo die wichtigen Klicks sind.

Praxis-Beispiel: Sie landen auf einer überladenen Nachrichtenseite.

Ohne Page Explorer: Sie müssen sich durch Dutzende Überschriften tasten.
Mit Page Explorer: Das Tool meldet: "Artikel über Wirtschaftspolitik. Enthält Tabelle mit Steuerdaten und Link zum Kommentarbereich." Sie springen direkt dorthin.

So nutzen Sie es:

Webseite laden.
Einfügen + Shift + E drücken.
Die Zusammenfassung lesen und Navigationsvorschläge nutzen.

Neuerungen in JAWS und Fusion 2025: Mehr als nur Vergrösserung

Auch für Nutzer, die visuell arbeiten (ZoomText und Fusion), gibt es spannende Upgrades, die das Seherlebnis verbessern.

1. Einfrieransicht (Freeze View)

Ein "Gamechanger" für die Produktivität: Sie können bis zu vier Bereiche des Bildschirms auswählen und diese in separaten Fenstern fixiert darstellen.

Beispiel: Sie füllen ein Formular aus und müssen Daten aus einem Handbuch abtippen. Mit der Einfrieransicht bleibt der Abschnitt des Handbuchs immer im Blick, auch wenn Sie im Formular weiterscrollen.

2. Webcam als digitale Lupe

Mit einer angeschlossenen HD-Webcam wird ZoomText zum Bildschirmlesegerät. Legen Sie ein gedrucktes Dokument unter die Kamera, und es erscheint vergrößert und farblich angepasst direkt auf Ihrem Monitor.

3. Flexible Vergrößerung bis 60-fach

Die maximale Vergrößerungsstufe wurde erhöht, was Nutzern mit sehr geringem Restsehvermögen mehr Flexibilität bietet. Gesteuert wird dies einfach über Feststelltaste + Pfeiltasten.

Fazit: Von der Lesehilfe zum Co-Piloten

Die Updates 2025 und 2026 für JAWS, ZoomText und Fusion zeigen, wo die Reise hingeht: Assistive Software liest nicht mehr nur passiv vor, was auf dem Bildschirm steht. Sie versteht den Inhalt.

Tools wie der FSCompanion und der Page Explorer senken die technische Hürde massiv. Für Einsteiger wird die Lernkurve flacher, für Profis die Arbeit effizienter. Wer die Möglichkeit zum Update hat, sollte diesen Schritt unbedingt gehen.